BVerfG: Beschluss zu Schadensersatzklagen nach DSGVO

In dem ursprünglichen Verfahren vor dem Amtsgericht Goslar (Az.: 28 C 7/19) hatte die Beklagte eine Werbe-E-Mail an die berufliche Adresse des Klägers geschickt. Nach Ansicht des Klägers sei diese Nutzung seiner E-Mail-Adresse nach Art. 6 DSGVO datenschutzwidrig, weil die Beklagte sie ohne seine Einwilligung verwendet habe. Der Klägerforderte sodann von der Beklagten Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz vor Gericht.


Bagatellgrenze bei Schadensersatz

Das Amtsgericht (AG) wies die Klage hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruches aus Art. 82 DSGVO ab. Das AG führte an, dass dem Kläger lediglich eine Werbe-E-Mail zugesandt wurde und diese nicht zu einer Unzeit versandt worden war. Auch aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes war für den Kläger deutlich darauf zu schließen, dass es sich um Werbung handelte. Die durch den Kläger geltend gemachte Beeinträchtigung stelle daher lediglich einen Bagatellschaden dar und reiche nicht für die Begründung eines Schadensersatzanspruches nach Art. 82 DSGVO.

Vorlagepflicht beim EuGH

Das BVerfG gab der Beschwerde der Klägerin hingegen statt und hob das Urteil des AG Goslar auf. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei ein letztinstanzliches Gericht dazu verpflichtet, seine Entscheidung dem EuGH vorzulegen, wenn es sich dabei um Fragen des Unionsrecht handele. Eine Berufung vor dem AG ist nach § 511 ZPO nur dann statthaft, wenn der Wert der Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt. Das AG sei daher wegen der nicht zugelassenen Berufung die letzte Instanz in diesem Verfahren. Das AG habe dennoch davon abgesehen, seine Entscheidung dem EuGH zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV vorzulegen. Hierdurch werde das Recht des Beschwerdeführers auf den gesetzlichen Richter verletzt.

Auswirkungen auf die Praxis

Die Rechtsprechung zu Schadensersatzansprüchen nach Art. 82 DSGVO schien bisher überwiegend von dem Erfordernis einer Erheblichkeitsschwelle für Schadensersatzansprüche auszugehen (wir berichteten in unserer News vom 26.10.2020). Bislang waren die ordentlichen Gerichte eher zurückhaltend und sprachen klagenden Parteien Schadesersatzansprüche erst ab einer gewissen Erheblichkeit der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu. Dem hat das BVerfG nunmehr eine Absage erteilt. Die Entscheidung des BVerfG wird möglicher Weise Auswirkungen auf zukünftige Verfahren haben. In der Konsequenz kann das bedeuten, dass deutsche Gerichte dem EuGH vermehrt die Frage zur Erheblichkeitsschwelle in vergleichbaren Fällen vorlegen werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dies letztlich zu einer Zunahme von Schadensersatzklagen wegen Datenschutzverstößen führt.

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Über Jörn Tröber, Fachanwalt für IT-Recht

Jörn Tröber, Partner und Kanzleigründer von TRÖBER@ legal, berät seit über 30 Jahren Mandanten in IT-rechtlichen Fragen. Als Fachanwalt für IT-Recht ist er insbesondere auf die Gestaltung und Verhandlung von IT-Verträgen spezialisiert.