Anti-Abmahngesetz: Das Wichtigste auf einen Blick
Das neue „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ (Anti-Abmahngesetz) ändert in erster Linie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die wichtigsten Änderungen fassen wir nachfolgend zusammen.
Abmahnberechtigte Mitbewerber und Wirtschaftsverbände
Zunächst wird durch eine Neufassung des § 8 Abs. 3 UWG der Kreis der zur Abmahnung Befugten weiter beschränkt. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG sollen zukünftig lediglich solche Mitbewerber anspruchsberechtigt sein, die in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen. Ein nach bisheriger Rechtsalge schnell angenommenes konkretes Wettbewerbsverhältnis zum Abgemahnten reicht bei bloßer Randtätigkeit des abmahnenden Mitbewerbers nicht mehr aus.
Abmahnende Wirtschaftsverbände müssen zur Abmahnberechtigung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zukünftig in der Liste der sogenannten qualifizierten Wirtschaftsverbände nach dem neu eingefügten § 8a UWG eingetragen sein. Die Voraussetzungen zur Aufnahme in diese Liste sind in hoch. So muss der Verein kumulativ nach § 8a Abs. 2 Nr. 1 UWG mindestens 75 Unternehmer als Mitglieder haben sowie nach § 8a Abs. 2 Nr. 2 UWG seit mindestens einem Jahr im Vereinsregister eingetragen sein und seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrgenommen haben. Mit diesen Änderungen dürften einige unseriöse Abmahnvereine aus dem Kreis der Abmahnberechtigten herausfallen.
Schutz vor rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen und Haftung
Mit dem ebenfalls neu eingefügten § 8b UWG sollen missbräuchliche Abmahnungen verhindert werden. wobei es allerdings stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalls ankommt. Abmahnungen mit folgenden Merkmalen sind dabei zukünftig verboten:
- Die Abmahnung, dient vorwiegend dazu, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe geltend zu machen, § 8b Abs. 2 Nr. 1 UWG.
Dieses Verbot bestand bereits nach bisherigen Recht, ist jedoch um die Fälle provozierter Vertragsstrafen ergänzt worden. - Ein Mitbewerber macht eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen geltend, § 8b Abs. 2 Nr. 2 UWG.
- Der Ansatz eines unangemessen hohen Gegenstandswerts für eine Abmahnung, § 8b Abs. 2 Nr. 3 UWG.
- Die Vereinbarung oder Forderung einer erheblich überhöhten Vertragsstrafe, § 8b Abs. 2 Nr. 4 UWG.
- Der Vorschlag einer erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgehende Unterlassungsverpflichtung, § 8b Abs. 2 Nr. 4 UWG.
Für alle Fälle der rechtsmissbräuchlichen Abmahnung gilt, dass der Abgemahnte die für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen kann, § 8b Abs. 3 UWG.
Verpflichtende Anforderungen an eine Abmahnung, Abmahnkosten und Gegenansprüche
Zukünftig muss eine Abmahnung klar festgelegte Informationen enthalten. Ein Verstoß gegen die in § 13 Abs. 2 UWG definierten inhaltlichen Vorgaben für eine Abmahnung (z.B. Benennung des vorgeworfenen Verhaltens und die darauf zurückzuführende Rechtsverletzung) führt zukünftig dazu, dass z.B. Abmahnkosten nicht verlangt werden können. Zudem kann der Abgemahnte bei einer nicht berechtigten oder nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG entsprechenden Abmahnung unter Umständen den Ersatz der Kosten für die eigene Rechtsverteidigung verlangen, § 13 Abs. 5 UWG.
Werden Verstöße gegen Kennzeichnungs- und Informationspflichten auf Telemedien (z.B. ein Verstoß gegen die Impressumspflicht nach § 5 TMG) durch einen Mitbewerber abgemahnt, so ist der Erstattungsanspruch für Abmahnkosten zukünftig ausgeschlossen, § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG. Das Gleiche gilt für solche Abmahnungen, die Verstöße von Kleinstunternehmen (weniger als 10 Mitarbeiter und maximal 2 Millionen Euro Jahresumsatz) und kleinen Unternehmen (weniger als 50 Mitarbeiter und maximal 10 Millionen Euro Jahresumsatz) oder von vergleichbaren Vereinen mit gewerblicher Tätigkeit gegen die DSGVO oder das BDSG rügen, § 13 Abs. 4 Nr. 2 UWG.
Anforderungen an Vertragsstrafenregelungen
Der neu eingefügte § 13a UWG regelt detaillierte Anforderungen an eine zu vereinbarende Vertragsstrafe. Bei erstmaliger Abmahnung von Kleinstunternehmen und kleinen Unternehmen ist beispielsweise eine Vertragsstrafenregelung ausgeschlossen. Eine Deckelung der Vertragsstrafe bei nur unerheblicher Beeinträchtigung von Verbraucher-, Mitbewerber- oder Marktteilnehmerinteressen regelt § 13a Abs. 3 UWG.
Sachliche und örtliche Zuständigkeit eines Gerichts
§ 14 UWG fasst in Zukunft die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Zivilgerichte in einer Norm zusammen. Die örtliche Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 UWG regelt nunmehr, dass grundsätzlich nur das Gericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Eine Ausnahme gilt nach § 14 Abs. 2 S. 2 UWG z.B. für Messeorte („örtlich begrenzter Kreis von Marktteilnehmern“) oder wenn der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Damit ist der „fliegende Gerichtsstand“, bei dem sich der Kläger vor allem bei UWG-Verstößen im Internet das ihm wohlgesonnene Gericht aussuchen konnte, Geschichte.
Ausblick
Die dargestellten Regelungen des Gesetzes ergänzen das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ vom 1. Oktober 2013, welches bereits den Schutz vor missbräuchlichen Abmahnungen zum Ziel hatte. Die weiterhin hohe Zahl an Abmahnungen, welche primär die Erzielung von Gebühren und Vertragsstrafen bezwecken, macht ergänzende Regelungen zur weiteren Eindämmung eines Abmahnmissbrauchs erforderlich. Kleinst- und kleine Unternehmen werden nunmehr etwas besser geschützt. Insgesamt sind die Anforderungen an kostenpflichtige Abmahnungen einschließlich Vertragsstrafenvereinbarungen durch das Maßnahmenpaket des Anti-Abmahngesetzes gestiegen, sodass zu Recht ein Rückgang rechtsmissbräuchlicher Abmahnungen erwartet werden kann. Professionelle Abmahnkanzleien und -vereine werden sich voraussichtlich allerdings schnell auf die neue Situation einstellen.
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