09:03 Uhr, zu einer Zeit also, zu der man den Rechtsanwalt, der gerade nicht bei Gericht ist, im Büro vermutet, wird mir ein Anruf von Frau Beyer „in einer Google-AdWords-Sache“ durchgestellt. Vielleicht hatte unser Sekretariat einen schlechten Tag, vielleicht aber war Frau Beyer auch nur hartnäckig. Denn der Werbeanruf wurde entgegen der generellen Anweisung und üblichen Praxis nicht bereits in der Telefonzentrale abgewimmelt. „Guten Tag, Herr Tröber. Ich bin Frau Beyer von „Google Partners“ und ich möchte Sie fragen, ob …“. Auf meine Frage, welcher Google Partner das denn sei, kam Frau Beyer bereits ins Stottern. Sie wolle doch nur fragen, ob ein Herr Reimers von „Google Partners“, der für Münster zuständig sei, mich einmal besuchen und mir die Vorteile von Google-AdWords erläutern dürfe. Auf meine Frage, welches Unternehmen der vielen Partnerunternehmen von Google Herr Reimers denn repräsentiere, sagte sie, dass sie das nicht wisse. Sie sei doch nur vom Callcenter in Hannover und riefe jeden Tag im Auftrag vieler Unternehmen an, deren Firma sie nicht immer kenne. Aber Herr Reimers werde mir das sicherlich vor Ort sagen. Als ich dann tatsächlich die Frechheit hatte, nach der Firma ihres Callcenters zu fragen, legte Frau Beyer hörbar entnervt auf. … 5 Minuten vergeudete Zeit!

Liebe Frau Beyer, lieber Chef von Frau Beyer,
dass eine Telefonkaltakquise bei einem Verbraucher ohne dessen vorherige Zustimmung (Einwilligung) nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unzulässig ist, dürfte sich in Ihrer Branche bereits herumgesprochen haben. Aber auch im B2B, also bei potentiellen Geschäftskunden, ist die telefonische Direktansprache nach dieser Vorschrift nur bei einer „zumindest mutmaßlichen Einwilligung“ zulässig. Ein ganz allgemeiner Sachbezug zum Geschäftsbetrieb kann für sich allein ein ausreichend großes Interesse an dem Werbeanruf nicht begründen. Denn ließe man eine nur allgemeine Sachbezogenheit wie etwa das Vorhandensein einer Internetpräsentation ausreichen, liefe dies auf eine nahezu unbeschränkte Zulässigkeit der Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden mit belästigenden und nicht generell hinnehmbaren Folgen hinaus (vgl. Koch in: Ullmann jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 7 UWG Rdnr. 272). Bei dem von Ihnen angesprochenen Thema „Google AdWords“ mag man daher bereits an einem hinreichenden Sachbezug zu unserem Geschäft zweifeln. Nach der Rechtsprechung kann von einer mutmaßlichen Einwilligung nur ausgegangen werden, wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden an der Telefonwerbung vermutet werden kann. Maßgeblich ist, ob der Werbende bei verständiger Würdigung der Umstände annehmen durfte, der Anzurufende erwarte einen solchen Anruf oder werde ihm jedenfalls positiv gegenüberstehen (BGH v. 11.03.2010 - I ZR 27/08 - BGH v. 11.03.2010 - I ZR 27/08). Liebe Frau Beyer, wenn Sie nicht einmal in der Lage sind, das von Ihnen repräsentierte Unternehmen zu benennen, zudem nicht willens sind, die Firma Ihres Callcenters zu offenbaren (das gebietet bereits der Anstand!), dann dürfen Sie fest davon ausgehen, dass bei keinem Ihrer Telefon-Kaltakquise-Opfer eine positive Einstellung zu Ihrem Anruf, mithin eine Einwilligung zu vermuten ist. Sie verplempern Ihre Zeit. Und vor allem verplempern Sie die Zeit Ihrer Opfer.
Frau Beyer, machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde Ihr Callcenter heute nicht abmahnen, auch wenn ich hinreichend verärgert bin und ich mir Ihre im Display angezeigte Rufnummer vorsorglich notiert habe. Denn dafür ist mir meine Zeit im Interesse unserer Mandanten zu kostbar. Vielleicht aber lesen Sie oder Ihr Chef ja diesen kleinen Beitrag, weil Sie oder Ihr Chef im Internet gelegentlich nach den Zulässigkeitsvoraussetzungen des Telefondirektmarketings googlen oder weil ein facebook-Freund, ein XING-Geschäftskontakt oder Twitter-Follower diesen Beitrag mit Ihnen teilt. Dann wäre nicht nur uns, sondern vielen geholfen.
Mit freundlichen Grüßen
Jörn Tröber, Rechtsanwalt, zugleich Fachanwalt für Informationstechnologierecht

Tipp:
Als Verbraucher müssen Sie unerwünschte Direktwerbung per Telefon überhaupt nicht hinnehmen, wenn Sie vor dem Telefonat keine ausdrückliche Einwilligung erteilt haben. Fühlen Sie sich belästigt, so notieren Sie zunächst die angezeigte Telefonnummer, zu deren Übermittlung der Werbende verpflichtet ist, den Namen des Anrufenden sowie das Datum und die Uhrzeit des Anrufs. Versuchen Sie dann die Identität des Werbenden herauszufinden, indem Sie unmittelbar im Gespräch, notfalls durch Rückruf bei der angezeigten Rufnummer, Firma und Anschrift erfragen. Ein fachlich spezialisierter Rechtsanwalt kann das Unternehmen dann in Ihrem Namen wegen belästigender Telefonwerbung abmahnen. Die Rechtsanwaltskosten hat der Gegner dann auch zu tragen.

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