BGH-Urteil zur Zulässigkeit von Kundenzufriedenheitsumfragen als Beiwerk einer geschäftlichen E-Mail

Kundenzufriedenheitsumfragen sind ein wichtiges Instrument zur Gewinnung von Informationen über die Zufriedenheit von Kunden und zur Verbesserung von Produkten oder Dienstleistungen. Häufig werden diese einer rein geschäftlichen E-Mail (z. B. Versand einer Rechnung) beigefügt. Doch sind die „vermeintlich“ rein geschäftlichen E-Mails als Werbung einzuordnen und damit wettbewerbsrechtlich ohne Einwilligung unzulässig?

Nach der Rechtsprechung umfasst der Begriff Werbung – „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern“ (BGH Urt. v. 15.12.2015 – VI ZR 134/15; BGH Urt. v. 12.09.2013 – I 208/12) – auch Kundenzufriedenheitsumfragen (OLG Dresden Urt. v. 24.04.2016 – 14 U 1773/13, OLG Köln Urt. v. 19.04.2013 – 6 U 222/12). Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass Kundenzufriedenheitsumfragen zumindest auch dazu dienen, die befragten Kunden an sich zu binden und künftige Geschäftsabschlüsse zu fördern.

BGH Urteil vom 10.07.2018 – Az. VI ZR 225/17

Nach Urteil des BGH vom 10.07.2018 (Az. VI ZR 225/17) ist die Zusendung einer Kundenzufriedenheitsumfrage ohne Einwilligung grundsätzlich auch dann unzulässig ist, wenn diese lediglich als Beiwerk einer geschäftlichen E-Mail beigefügt ist, die als solche keinen werblichen Charakter aufweist.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger bestellte beim Beklagten ein Ultraschallgerät zur Schädlingsbekämpfung auf der Internet-Plattform Amazon Marketplace. Die Abwicklung erfolgte über Amazon. Zwei Wochen nach Bestellung erhielt der Kläger vom Beklagten eine Rechnung durch eine E-Mail mit dem Betreff „Ihre Rechnung zu Ihrer Amazon Bestellung (…)“. Die E-Mail enthielt folgenden Text:

„Sehr geehrte Damen und Herren, anbei erhalten Sie Ihre Rechnung im PDF-Format. Vielen Dank, dass Sie den Artikel bei uns gekauft haben. Wir sind ein junges Unternehmen und deshalb auf gute Bewertungen angewiesen. Deshalb bitten wir Sie darum, wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, uns für Ihren Einkauf eine 5-Sterne-Beurteilung zu geben.

(…) Zur Bewertung: über folgenden Link einfach einloggen und eine positive 5-Sterne Beurteilung abgeben (…)“

Der Kläger sah in dieser E-Mail eine unzulässige Werbe-E-Mail, die in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreife.

Nach Ansicht des BGH steht dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Zwar liege in der Übersendung einer Rechnung selbst noch keine Werbung. Dies bedeute jedoch nicht, dass die in der E-Mail enthaltene Bitte um Abgabe einer positiven Bewertung von vornherein keine (Direkt-) Werbung darstelle. Vielmehr werde die E-Mail in zweifacher Hinsicht genutzt – sowohl für die Übersendung der Rechnung als auch für Zwecke der Werbung.

Zulässigkeit von E-Mail-Werbung

Nach § 7 Abs. 1 UWG i. V. m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG (i. V. m. § 1004 Abs. 1 BGB i. V. m § 823 Abs. 1 BGB) ist E-Mail-Werbung grundsätzlich nur nach vorheriger ausdrücklicher Einwilligung des Adressaten zulässig.

Von diesem Grundsatz sieht § 7 Abs. 3 UWG eine Ausnahme vor. Danach ist E-Mail-Werbung unter folgenden Voraussetzungen auch ohne ausdrückliche vorherige Einwilligung zulässig:

  1. Der werbende Unternehmer hat die E-Mail-Adresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung vom Kunden erhalten
  2. Der werbende Unternehmer nutzt die E-Mail-Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren und Dienstleistungen
  3. Der Kunde hat der Verwendung nicht widersprochen
  4. Der Kunde wird bei Erhebung der E-Mail-Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen

Praxishinweis

Sofern nicht bereits bei Erhebung auf die Widerspruchsmöglichkeit hingewiesen wurde und in jeder E-Mail mit einer Kundenzufriedenheitsumfrage erneut auf diese Widerspruchsmöglichkeit aufmerksam gemacht wird, dürfte jede Kundenzufriedenheitsumfrage per E-Mail (selbst als Beiwerk zu einer geschäftlichen E-Mail ohne werblichen Charakter) nur nach vorheriger ausdrücklicher Einwilligung des Kunden zulässig sein.

Am Beispiel eines Online-Buchungs- oder Bestellprozesses, dürfte der Ausnahmetatbestand nicht erfüllt sein, wenn die E-Mail im Rahmen des Prozesses die E-Mail-Adresse des Kunden erhoben wurde, diesem die Widerspruchsmöglichkeit aber weder in der Datenschutzerklärung noch an anderer geeigneter Stelle klar und deutlich aufgezeigt wurde.

Sollten Unternehmen Kundenzufriedenheitsumfragen per E-Mail versenden, ohne dass die vorherige ausdrückliche Einwilligung eingeholt wurde oder die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands vorliegen, kann ein Abmahnrisiko nicht ausgeschlossen werden.

Der Streitwert, der wiederum die Höhe der Abmahnkosten bestimmt, variiert erheblich. Während einige Gerichte den Streitwert bei unzulässiger Zusendung von Werbe-E-Mails im dreistelligen Bereich ansetzen, gibt es andere Gerichte, die mehrere tausend Euro für angemessen halten. In der Regel werden Streitwerte von mehreren tausend Euro im gewerblichen Bereich und nicht bei Zusendung von E-Mails an Privatpersonen angenommen.

Das OLG Hamm hat in seiner Entscheidung vom 17.10.2013 (Az.: 6 U 95/13) bei der Zusendung einer Werbe-E-Mail durch einen Gewerbetreibenden an eine Privatperson lediglich einen Streitwert von 100,00 € angenommen. Bei einem Streitwert von 100,00 € liegen die Abmahnkosten bei ca. 80,00 € und bei einem Streitwert von 1.000,00 € bei ca. 150,00 €.

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