IT-Recht - Ein Rechtsgebiet mit zunehmend großer Bedeutung

IT-Recht ist die Kurzform für Informationstechnologierecht. In den Anfängen dieses noch jungen, aber längst erwachsen gewordenen Rechtsgebiets sprach man zunächst noch von Computerrecht, Informatikrecht, Softwarerecht oder EDV-Recht. Diese Ursprünge lassen sich heute noch im Titel der ersten juristischen Fachzeitschrift Computer und Recht sowie im Namen der 1992 gegründeten Vereinigung Deutscher EDV-Gerichtstag wiederfinden und dürften darauf zurückzuführen sein, dass ursprünglich Rechtsfragen rund um Computerprogramme im Fokus der 80er und 90er Jahre standen. Mit der Kommerzialisierung und zunehmenden Beliebtheit des Internets in den 90er Jahren fanden dann Begriffe wie Internetrecht und Multimediarecht Eingang, deckten jedoch nur einen Teilbereich des IT-Rechts ab. Heute beherrschen informationstechnologische Prozesse weite Teile des privaten, unternehmerischen und öffentlichen Lebens. Kaum ein Bereich ist nicht mehr erfasst. Social Media Netzwerke, Cloud-Computing, Internet der Dinge, Big Data sind nur einige der Schlagwörter, die informationstechnologische Sachverhalte mit neuen Rechtsfragen aufgreifen.

Definiton IT-Recht

Eine gesetzliche Definition des IT-Rechts (sog. Legaldefinition) gibt es in Deutschland nicht. Das bietet sich auch nicht an. Denn gleichsam - im positiven Sinne - viral durchziehen informationstechnologische Prozesse nahezu sämtliche Lebensbereiche. War in den 90er Jahren ein Brötchenkauf beim Bäcker ein schlichter Kauf, der mit dem IT-Recht keinerlei Berührung hatte, können heute selbst Sonntagsbrötchen beim Bäcker online bestellt werden. IT-Recht ist daher eine Querschnittsrechtsmaterie, die sich durch alle Rechtsbereiche zieht. Allgemein kann man sagen:

IT-Recht ist das Recht der Lebenssachverhalte, die maßgeblich von Mechanismen der elektronischen Datenverarbeitung und der zugehörigen Hard- und Software geprägt sind und an denen mindestens ein Rechtssubjekt (natürliche oder juristische Person) beteiligt ist.

IT-Gesetze

Als Querschnittsrechtsmaterie betrifft das IT-Recht nahezu alle Rechtsbereiche. Aus diesem Grunde gibt es kein eigenständiges IT-Gesetz. Die für die analoge Welt geschaffenen Vorschriften werden daher weitestgehend auch auf digital geprägte Lebensachverhalte angewandt. Das gilt vor allem für zivilrechtliche Vorschriften des Kauf-, Dienst- und Werkvertragsrecht im BGB. Gleichwohl gibt es auch Gesetze, die als IT-Spezialgesetze bezeichnet werden können. Hierzu gehört insbesondere das Telemediengesetz (TMG), das in § 5 TMG unter anderem die Impressumpflicht und in §§ 7 bis 10 TMG die Haftung von Providern regelt. Im Übrigen finden sich in den Gesetzen viele Spezialvorschriften für IT-rechtlich geprägte Sachverhalte. So sind in den §§ 312 b ff BGB wichtige Vorschriften für den Online-Handel (z.B. das Widerrufsrecht), im Strafgesetzbuch (StGB) Vorschriften über die Strafbarkeit des Ausspähens und Abfangens von Daten (§§ 202a, 202b StGB), der Datensabotage (§ 303a StGB) oder des digitalen Betrugs (Erschleichung von Leistungen, § 263a StGB) zu finden. Vermehrt prägen auch europarechtliche Vorgaben das deutsche IT-Recht, so die EU-Verbraucherrechterichtlinie zu den Informationspflichten im Online-Handel.

Fachanwalt für IT-Recht

In der Fachanwaltsordnung (in der Fassung vom 1.7.2015) finden sich Ansätze dazu, welche Kenntnisse ein Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht) aufweisen muss, um den Titel "Fachanwalt für IT-Recht" führen zu dürfen:


§ 14k FAO – Nachzuweisende besondere Kenntnisse im Informationstechnologierecht (in der Fassung vom 1.7.2015)
Für das Fachgebiet Informationstechnologierecht sind besondere Kenntnisse nachzuweisen in den Bereichen:
1. Vertragsrecht der Informationstechnologien, einschließlich der Gestaltung individueller Verträge und AGB,
2. Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs, einschließlich der Gestaltung von Provider-Verträgen und Nutzungsbedingungen (Online-/Mobile Business),
3. Grundzüge des Immaterialgüterrechts im Bereich der Informationstechnologien, Bezüge zum Kennzeichenrecht, insbesondere Domainrecht,
4. Recht des Datenschutzes und der Sicherheit der Informationstechnologien einschließlich Verschlüsselungen und Signaturen sowie deren berufsspezifischer Besonderheiten,
5. Das Recht der Kommunikationsnetze und -dienste, insbesondere das Recht der Telekommunikation und deren Dienste,
6. Öffentliche Vergabe von Leistungen der Informationstechnologien (einschließlich e-Government) mit Bezügen zum europäischen und deutschen Kartellrecht,
7. Internationale Bezüge einschließlich Internationales Privatrecht,
8. Besonderheiten des Strafrechts im Bereich der Informationstechnologien,
9. der Verfahrens- und Prozessführung.


Zum Nachweis ist eine schriftliche Prüfung zu absolvieren. Zudem erfordert die Berechtigung zum Erwerb des Titels zuvor gesammelte praktische Erfahrungen, die durch 50 geeignete anwaltliche Fälle, zum Teil auch in gerichtlichen Verfahren, nachgewiesen werden müssen.

Geschichte des IT-Rechts

Erste Ansätze für ein eigenständiges Rechtsgebiet "IT-Recht" sind in den 80er Jahren auszumachen. 1985 erschien die Estausgabe der Fachzeitschrift Computer und Recht im Verlag Dr. Otto Schmidt. Die Fachzeitschrift widmete sich seinerzeit dem klassischen EDV-Recht, was vorwiegend Fragen im Zusammenhang mit Softwareüberlassung betraf. 1992 gründete sich die Deutsche Gesellschaft für Recht und Informatik (DGRI e.V.) als wohl erste deutschsprachige Vereinigung zur Kooperation von Informatikern und Juristen mit Fachkenntnissen. Mit der Gründung des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) an der Westfälischen Wilhelmsuniversität Münster durch Prof. Dr. Thomas Hoeren im Jahre 1997 entdeckte auch die Forschung und Lehre die eigenständige Bedeutung dieses jungen Rechtsgebiets. 1999 gründete ein seinerzeit noch überschaubarar Kreis von spezialisierten Rechtsanwälten die Arbeitsgemeinschaft für IT-Recht "davit" im Deutschen Anwaltvereins (DAV), darunter auch der Verfasser dieses Beitrags. Spätestens mit Beginn dieses Jahrtausends hat sich das eigenständige Rechtsgebiet IT-Recht gefestigt, was durch die Einführung des Titels Fachanwalt für Informationstechnologierecht in § 14 der Fachanwaltsordnung (FAO) im Jahr 2006 gesetzlich manifestiert wurde.

Beispiele für IT-rechtliche Fälle

Da die Digitalisierung heutzutage sämtliche Lebensbereiche erreicht hat, sind die denkbaren Fälle nahezu grenzenlos. Zu den typsichen Rechtsfällen mit IT-Bezug gehören zum Beispiel die Gestaltung oder Überprüfung von Rechenzentrumsverträgen (Cloud-Verträge), die Prüfung von Online-Shops auf Rechtskonformität, die Erstellung von AGB für den eigenen Internetauftritt und Shops auf Plattformen wie eBay oder Amazon. Häufig stehen Rechtsfragen zu urheberrechtlichen Nutzungsrechten an Software oder elektronischen Datenbanken im Zentrum der rechtlichen Beratung. Zu den allgemein bekannten Tätigkeiten eines IT-Juristen gehört auch die Verteidigung bei Abmahnungen wegen illegaler Teilnahme an Musiktauschbörsen. Aber auch Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes sind vielfach IT-rechtlich geprägt, so bei etwaigen Verletzungen von Markenrechten durch Internet-Domains (sog. Domainrecht). Zunehmend drängen sich in Zeiten sozialer Netzwerke auch Rechtsfragen zum Datenschutz auf. Die Durchdringung des Alltags zeigt sich in der jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Kennzeichenschutz einer App für Mobile Devices bzw. Smartphones (BGH Urt. v. 28. Januar 2016 - I ZR 202/14 - wetter.de). Weitere Beispiele finden Sie hier.

Ausblick

Die Bedeutung des IT-Rechts steigt direkt proportional mit der Digitalisierung unseres Lebens. Auch Juristen, die sich nicht auf das Recht der Informationstechnologie spezialisiert haben, kommen in der heutigen Zeit kaum ohne IT-rechtliche Grundkenntnisse aus. Das zeigt die aktuelle Entscheidung des OLG Hamm zur Rückabwicklung eines Autokaufs wegen fehlender Linien im Display der Rückfahrkamera (OLG Hamm, Urt. v. 9. Juni 2015 - 28 U 60/14). In Zukunft wird gerade die Automobilbranche im Bereich der sogenannten Mobilität 3.0 (Automotiv-IT) viele IT-rechtliche Fragen aufwerfen. Schon längst machen sich die Fachjuristen Gedanken über die Frage, wie der Datenschutz bei der PKW-Vernetzung (z.B. BMW Connected Drive oder VW Car Net) auch für den Fahrer gewährleistet werden kann, der nicht Halter des PKW ist.

Vor allem aber im Bereich der Unternehmensführung gewinnt das IT-Recht besondere Beudeutung mit Blick auf IT-Compliance. Unter IT-Compliance versteht man in der Unternehmensführung die Einhaltung der gesetzlichen, unternehmensinternen und vertraglichen Regelungen im Zusammenhang mit der IT-Landschaft. Unternehmen, insbesondere Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften unterliegen zahlreichen gesetzlichen Verpflichtungen zum Beispiel in Bezug auf Datensicherheit und Datenschutz. Hier ist schon wegen der in Betracht zu ziehenden persönlichen Haftung der Unternehmensleitung Vorsicht geboten. Zur Haftungsbegrenzung verlangen viele D&O-Versicherungen zuweilen entsprechende IT-Compliance-Richtlinien.

Kurz: Das IT-Recht ist weiter auf dem Vormarsch.

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