Kündigung von Online-Verträgen "ausschließlich" auf dem elektronischen Weg?
Die Verbraucherzentrale hatte eine AGB-Klausel eines Online-Shops bemängelt, wonach dieser die Kommunikation mit Kunden ausschließlich auf eine elektronische Kommunikation beschränkte. In der kundenfeindlichsten Auslegung dieser Klausel könnte dies bedeuten, dass beispielsweise eine vom Kunden ausgesprochene und per Einschreiben mit Rückschein übersandte Kündigung nicht der vertraglich vereinbarten Form entsprechen würde und daher unwirksam wäre. Der Wortlaut der in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg streitgegenständlichen Klausel:
„(..) Die Lieferverträge sind reine Online-Verträge, d.h. die Kommunikation erfolgt ausschließlich über den elektronischen Kommunikationsweg“
Verstoß gegen das Transparenzgebot
Nach Ansicht des LG Hamburg widerspricht diese Klausel der in § 307 Abs.1 Nr. 2 BGB normierten Voraussetzung, Klauseln in AGB klar und verständlich zu formulieren.
"Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingngen, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner in den AGB möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört nicht nur, dass die einzelne Regelung für sich genommen klar formuliert ist, sie muss auch im Kontext mit dem übrigen Klauselwerk sein (vgl. BGH, Urteil vom 7.2.2019, III ZR 38/18, Rz 22)" (LG Hamburg, Urteil vom 29.04.21, 312 O 94/20, S. 7).
Es ergebe sich bereits im Umkehrschluss aus dem Klauselverbot des § 309 Nr. 13 BGB, dass strengere Formen als die dort aufgeführte Textform bei Erklärungen wie Anfechtung, Rücktritt oder Kündigung weiterhin zulässig bleiben müssten. Dies sei jedoch nach der in Frage stehenden Klausel für Verbraucher nicht klar ersichtlich, weshalb die Klausel nicht klar und verständlich i.S.d. § 307 Abs. 1 Nr. 2 BGB und somit unzulässig sei (LG Hamburg, Urteil vom 29.04.21, 312 O 94/20, S. 7.).
Anmerkung
So wünschenswert die rein digitale Kommunikation für den eCommerce auch sein mag, so wenig überrascht die Entscheidung des LG Hamburg. Sie entspricht vielmehr der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Verbraucherschutz. Verbraucher*innen sollen im Kleingedruckten nicht durch bestimmte Formen der (Willens-) Erklärungen überrascht, beschränkt oder verunsichert werden. Dies gilt insbesondere für einseitige, empfangsbedürftige und rechtsgestaltende Willenserklärungen, zu denen unter anderem Anfechtungs-, Widerrufs-, Rücktritts- und Kündigungserklärungen gehören. Denn mit ihrem Zugang gestalten diese Erklärungen die Rechtslage; sie müssen nicht mehr "akzeptiert" werden. Das erfordert Rechtssicherheit, auch hinsichtlich der zulässigen Form. Shop-Betreiber sind daher gut beraten, von einem Formzwang bei Vertragserklärungen in AGB abzusehen.
Vielen Dank an Prof. Dr. Thomas Hoeren, ITM - Universität Münster, für den freundlichen Hinweis auf die Entscheidung.
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