Risiken der Nutzung von Open Source Software zu kommerziellen Zwecken
Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden. Die meisten Softwareentwickler nutzen bei der Programmierung eigener Lösungen Open Source Software (OSS). Dabei handelt es sich um zumeist kostenlose Software, deren Quelltext öffentlich und von Dritten eingesehen, geändert und genutzt werden kann. Eine der größten Datenbanken für die vielfach auch als „freie Software“ bezeichneten Codes ist GitHub (GitHub Inc., San Francisco, USA), ein netzbasierter Dienst zur Versionsverwaltung für Software-Entwicklungsprojekte. Die Nutzung von OSS ist allerdings nicht völlig frei, sondern steht in der Regel unter Open-Source-Lizenzen, so beispielsweise der GNU General Public License v2.0 (GPL2). Deren Lizenzbedingungen nicht zu beachten, birgt sowohl für Softwareentwickler als auch für deren Kunden erhebliche Risiken.
Open-Source-Lizenzbedingungen sind zu beachten
Was bei der Nutzung von OSS erlaubt ist, kann in jedem Einzelfall nur den jeweiligen Lizenzbedingungen entnommen werden. Hier sind durchaus gravierende Unterschiede zu beachten. So ist manche OSS lediglich für den privaten Gebrauch frei verwendbar. Die kommerzielle Nutzung ist hingegen lizenzgebührenpflichtig. Bereits der Download von OSS führt im B2B nach deutschem Recht in der Regel zur Akzeptanz der Lizenzbedingungen nach § 305 BGB.
Beispiel GNU General Public License v2.0 (GPL2)
Eine der gebräuchlichsten Open-Source-Lizenzen, unter welche Programmierer ihre entwickelte Software stellen, ist die die GNU General Public License v2.0 (GPL2). Mit ihr wird den Nutzern ein einfaches Nutzungsrecht (§ 31 Abs. 2 UrhG) eingeräumt. Erlaubt ist danach
- das Kopieren und Verbreiten des Source Codes, § 1 GPL2,
- die Bearbeitung des Source Codes und dessen Kopieren und Weiterverbreitung (ggf. Miturheberschaft, § 8 UrhG), § 2 GPL2 sowie
- das Kopieren und Verbreiten des Objektcodes, § 3 GPL2
Zu beachten ist dabei, dass die Nutzung unter der auflösenden Bedingung der Einhaltung der GPL-Verpflichtungen steht (§ 4 GPL2). Das bedeutet, dass ihre Nutzung unzulässig und damit unwirksam ist, wenn die Lizenzbedingungen nicht eingehalten werden.
Pflichten des OSS-Nutzers am Beispiel GPL2
Lizenzpflichten, die bei Nutzung von unter GPL2 stehender OSS bestehen, sind
- die Urhebernennung, also die namentliche Nennung des Urhebers der OSS,
- die Mitlieferung des GPL-Lizenztextes bei dessen Weitergabe zum Beispiel an Kunden, § 1 GPL2,
- der Copyrightvermerk, also die namentliche Nennung des Urhebers der OSS, § 1 GPL2,
- der Hinweis auf den Haftungsausschluss bei Nutzung der OSS, § 1 GPL2,
- das Zugänglichmachen des vollständigen Quelltextes bei Auslieferung im Objekt-Code, § 3 GPL2,
- das Copyleft-Prinzip.
Das Copyleft-Prinzip
Die Copyleft-Klausel soll verhindern, dass veränderte Fassungen des Werks mit Nutzungseinschränkungen weitergegeben werden, die das Original nicht hat. Das Copyleft-Prinzip findet sich für bearbeitete Software in § 2 GPL2. Die Missachtung des Copyleft-Prinzips kann erhebliche nachteilige Auswirkungen haben. Nach diesem Prinzip ist der Lizenznehmer verpflichtet, jegliche Bearbeitung des Werks (z. B. Erweiterung, Veränderung) unter die Lizenz des ursprünglichen Werks zu stellen. Zwar ist es nach der GPL2 erklärter Wille, kein Software-Hijacking der proprietären Software zu beabsichtigen (§ 2 Abs. 2 u. 3 GPL2). Doch kann die Einarbeitung der OSS zu einem sogenannten „viralen Effekt“ führen, sodass die zum Teil proprietäre Software des Unternehmens als Ganzes offengelegt und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden muss. Ein Super-GAU für das IT-Unternehmen. Dies kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass das in Software verkörperte Knowhow allgemein verfügbar gemacht werden muss. Ob es bei der Einbindung der OSS hierzu kommt, ist oftmals eine schwierige Auslegungsfrage im Einzelfall.
Risiken bei Nichteinhaltung der Open-Source-Lizenzbedingungen
Da die Nutzung der OSS wie oben beschrieben unter der auflösenden Bedingung der Nichteinhaltung der Open-Source-Lizenzbedingungen steht, führt deren Missachtung zu einem unmittelbaren Erlöschen des Nutzungsrechts bezüglich des OSS-Originals, einschließlich dessen Bearbeitung. Daraus folgt zugleich ein Unterlassungsanspruch des (Mit-)Urhebers mit dem Risiko der Abmahnung. Darüber hinaus haben Kunden unter Umständen Ansprüche wegen fehlender Rechtefreiheit der proprietären Software. Beim Softwarekauf ergeben sich diese nach deutschem Recht unter anderem aus § 439 BGB, wonach ein Anspruch auf Nacherfüllung, konkret auf Verschaffung der Rechtefreiheit Dritter besteht.
Praxishinweis
Softwareunternehmen sind gut beraten, ihre Mitarbeiter im Hinblick auf die sorgfältige Beachtung der jeweiligen Open-Source-Lizenzbedingungen zu schulen. In der universitären Ausbildung ist dies seit einigen Jahren ein zentraler Bestandteil der Ausbildung von Studenten der Informatik. Ein Weg zur Risikominimierung ist dabei die modulare Verwendung von OSS. Ihre untrennbare Verflechtung mit proprietärer Software sollte unbedingt vermieden werden.
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