OLG Hamm: Untersagung von Hassrede-Postings in Nutzungsbedingungen rechtmäßig
Sachverhalt
In dem Verfahren vor dem OLG Hamm, Beschl. v. 15.09.2020, Az. 29 U 6/20 klagte der Nutzer der Social-Media-Plattform Facebook. Im Jahr 2018 kommentierte der Kläger den fremdenfeindlichen Beitrag eines Dritten, in welchem unter anderem die Bezeichnung „Killer-Moslem“ für einen muslimischen Jugendlichen verwendet wurde. Aufgrund dieser Kommentierung des Beitrags mit einem "wütendem Emoji" wurde dieser fortan auf dem Nutzerkonto des Klägers angezeigt. Die Beklagte klassifizierte den Beitrag als Hassrede im Sinne ihrer Nutzungsbedingungen und nahm dies zum Anlass, diesen aus der sogenannten „Timeline“ des Klägers dauerhaft zu entfernen. Die Klage begründete der Kläger damit, dass die Löschung des von ihm geteilten Beitrags sowie eine ebenfalls von Facebook vorgenommene zeitweise Beschränkung seiner Kontonutzung rechtswidrig gewesen sei. Die auf die Nutzungsbedingungen gestützen Löschungs- und Sperrungsmaßnahmen seien u. a. deswegen rechtswirdig, weil diese Klauseln eine unangemessene Benachteiligung seien. Facebook sei aufgrund seiner Monopolstellung auf dem Markt unmittelbar an die Meinungsfreiheit gebunden und nicht zu einem derartigen Verbot befugt.
Hassreden können Nutzungsbedingungen in Nutzungsbedingungen verboten werden
Das OLG Hamm stellte heraus, dass Facebook als privatrechtliches Unternehmen entgegen der Annahme des Klägers lediglich mittelbar an die Grundrechte gebunden sei. Eine mit dem Staat als Grundrechtsadressaten vergleichbare unmittelbare Bindung (Art. 1 Abs. 3 GG) könne keinesfalls angenommen werden. Im Wege der sog. praktischen Konkordanz sei stets das Grundrecht des Plattformbetreibers auf Eigentums- und Berufsausübungsfreiheit (Art. 12, 14 GG) mit der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 GG) der Nutzer in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen. Unternehmerinteressen können folglich Eingriffe in die Meinungsäußerungsfreiheit rechtfertigen, wenn dafür sachliche Gründe bestehen. In der Einschränkung einer „Hassrede“ sei ein ebensolcher Grund zu sehen. Es bestehe bei derartigen Kommentaren zudem die Möglichkeit, dass der Schutzbereich der Meinungsäußerungsfreiheit gar nicht erst eröffnet sei. Daher seien die entsprechenden Nutzungsbedingungen weder als überraschend i.S.d. § 305c BGB zu werten noch stellten sie eine unangemessene Benachteiligung der Plattform-Nutzer i.S.d. § 307 BGB.
Das OLG billigte Social-Media-Plattformen zu, im Fall der Verbreitung von verbotenen Inhalten „Maßnahmen wie das Löschen von Beiträgen oder die (zeitweilige) Sperre eines Nutzer-Accounts vorzusehen“ (Leitsatz).
In der ausführlichen Begründung der Entscheidung kommt das Gericht zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass Facebook wegen des Verstoßes gegen das vertragliche Verbot der Hassrede im konkreten Fall durchaus berechtigt war, den betreffenden Beitrag zu löschen und den Kläger zeitweise daran zu hindern, Beiträge über sein Nutzerkonto zu verbreiten oder zu kommentieren.
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