Weniger strenge Voraussetzungen für das Impressum eines Idealvereins?
So geschehen mit Beschluss vom 23. Oktober 2014, dessen Gründe sich aus einem Nichtabhilfebeschluss (auf eine sofortige Beschwerde) vom 09.12.2014 ergeben. In dem Verfügungserfahren nahm ein eingetragener Paintballverein einen Konkurrenzverein, ebenfalls ein eingetragener Verein, auf Unterlassung in Anspruch, weil dieser in seinem Internetauftritt kein Vereinsregister und auch keine Vereinsregisternummer im Impressum angegeben hatte. Das allerdings sieht § 5 Abs. 1 Nr. 4 TMG für Diensteanbieter ausdrücklich vor. Das Landgericht lehnte eine einstweilige Verfügung dennoch ab und stützte sich im Wesentlichen auf zwei Gründe:
Keine spürbare Beeinträchtigung
Zunächst einmal sei die nach § 3 Abs. 1 UWG zu erreichende Bagatellgrenze nicht überschritten. Die Vereinsregistereintragung sei für den Verbraucher, der mit dem Verein in Kontakt treten wolle, in aller Regel nicht relevant. Hierzu das Gericht:
„Danach sind nur solche unlauteren geschäftlichen Handlungen unzulässig, die geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern „spürbar“ zu beeinträchtigen. […].Nach allgemeiner Auffassung sind Wettbewerbsverstöße nur dann zu ahnden, wenn es sich um Verhaltensweisen handelt, die dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers zu beeinflussen, sich auf Grund von Informationen für einen Marktteilnehmer zu entscheiden und ihn damit zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. […] Die hier im Internetangebot des Antragsgegners fehlenden Angaben sind in Anwendung dieses Maßstabs nicht geeignet, das schützenswerte Interesse von Verbrauchern, nämlich die Möglichkeit, sich aufgrund von Informationen für einen Anbieter im Wettbewerb zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen. Der durch § 5 TMG abzusichernde Informationsbeitrag liegt darin, dem Verbraucher die effektive Geltendmachung von Rechten zu ermöglichen. Dazu braucht er aber die Angabe des Vereinsregisters und der Registernummer nicht. Es widerspricht der Lebenserfahrung, dass ein Verbraucher überhaupt versucht, sich anhand einer Registereintragung über einen (Sport-)Verein als Anbieter gewerblicher Leistungen zu orientieren. Für die Entscheidung, ob der Verbraucher mit einem (Sport-)Verein in Kontakt treten will, sind diese Angaben in aller Regel irrelevant.“ (LG Neuruppin, Beschluss vom 09. Dezember 2014 – 5 O 199/14 –, juris).
Das Gericht hat sich in der Begründung auch mit einer Entscheidung des OLG Hamm aus dem Jahre 2008 auseinandergesetzt. Dort ging es um die Frage, ob die fehlende Angabe der Handelsregistereintragung lediglich eine Bagatelle, also nicht spürbar sei. Das OLG Hamm verneinte dies mit Blick auf die europarechtlichen Vorgaben des Art. 5 der Richtlinie 2000/31/EG:
„Eine Unterscheidung danach, welche der Pflichtangaben, die der Gesetzgeber im TMG für erforderlich hält, wesentlich sind und welche nicht, verbietet sich ohnehin. Ein Verstoß gegen den Kern einer solcher Schutzvorschrift kann schwerlich eine Bagatelle im Sinne des § 3 UWG sein" (OLG Hamm, Beschluss vom 13. März 2008 – I-4 U 192/07, 4 U 192/07 –, juris).
Diese Einschätzung dürfte entgegen dem LG Neuruppin auch für die Angabe des Vereinsregisters und der –nummer gelten. Denn der Wortlaut sieht gerade auch das „Vereinsregister“ als Pflichtangabe vor. Hier bei den einzelnen, enumerativ aufgezählten Pflichtangaben zwischen wesentlichen und unwesentlichen Angaben zu unterscheiden, die mal zu einer spürbaren, mal zu einer nicht spürbaren Wettbewerbsbeeinträchtigung führen sollen, erscheint bedenklich.
Missbräuchliche Abmahnung
Jedenfalls, so das LG Neuruppin, sei es unter Idealvereinen rechtsmissbräuchlich, einen Internetauftritt ohne Vereinsregisterangabe wettbewerbsrechtlich zu untersagen:
„Es erscheint schon allgemein fragwürdig und rechtlich jedenfalls als missbräuchlich, dass ein nichtwirtschaftlicher Verein, der nach seinem Statut einem ideellen Zweck dienen muss, im Rahmen seines eng begrenzten Nebenzweckprivilegs wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen einen anderen Idealverein mit gleicher Zielsetzung geltend macht. Vereine vom Zuschnitt der Parteien dürfen sich nach ihren durch Satzung festgelegten ideellen Zwecken, die für ihren jeweiligen Bestand als nichtwirtschaftlicher Verein konstitutiv sind, nur sportlich oder nach Maßgabe ihrer sonstigen Attraktivität auch in einem weiteren Sinne gesellschaftlich, nicht aber in einem wettbewerbsrechtlich relevanten Ausmaß in einem wirtschaftlichen Konkurrenzverhältnis befinden. Sollten Idealvereine wie die Parteien, deren erlaubtes Ausmaß wirtschaftlicher Nebentätigkeit jeweils konkret im Verhältnis zur öffentlichen Relevanz ihres ideellen Hauptzwecks zu sehen ist und die insofern nicht mit einem Fußballbundesligaverein zu vergleichen sind, dies faktisch gleichwohl und damit in widerrechtlicher Weise tun, kann es für sie nach Auffassung der Kammer kein „Recht im Unrecht“ geben, sondern ist darauf mit den Mitteln des Vereinsrechts und nicht mit denen des Wettbewerbsrechts zu reagieren“ (LG Neuruppin, a.a.O., Rn. 13).
Auch hier erscheint die Entscheidung auf den ersten Blick nachvollziehbar. Schwieriger wird es allerdings auf den zweiten Blick. Schon die Abgrenzung zu Idealvereinen, die die Schwelle zu einer wirtschaftlichen Tätigkeit überschreiten, dürfte juristisch kaum noch in greifbare Kategorien zu fassen sein. Auch das Landgericht hat angedeutet, dass die Entscheidung in diesem Fall möglicher Weise anders ausgefallen wäre. Das Gericht deutet an, dass hier wohl der Auffangtatbestand der missbräuchlichen Rechtsausübung nach § 242 BGB zur Versagung des Unterlassungsanspruchs führen soll. Danach darf der Gläubiger auf geringfügige Pflichtverletzungen des Schuldners nicht im Übermaß - unter Missachtung des Gebotes der Verhältnismäßigkeit - reagieren. Er darf daraus, wenn dafür kein sachliches Interesse besteht, keine schwerwiegenden Rechtsfolgen herleiten (L. Böttcher/G. Hohloch in: Erman BGB, Kommentar, § 242 BGB Rn 128– juris; BGH MDR 1980, 483).
Auch hier dürfte es angesichts des allgemeinen Rechtsmissbrauchstatbestands gut vertretbar sein, den abgemahnten Unterlassungsanspruch zuzusprechen. Denn die wirtschaftliche Nebentätigkeit ist Idealvereinen nicht generell verboten (sog., Nebenzweckprivileg, vgl. hierzu H. P. Westermann in: Erman BGB, Kommentar, § 21 BGB Rn. 3, - juris). Eben diese wirtschaftliche Betätigung kann den Idealverein gerade attraktiv machen, auch und vor allem mit Blick auf dessen Hauptzweck. Ist diese zulässig, dann ist sie auch rechtens und nicht, wie das Landgericht meint, „Recht im Unrecht“. Man mag nun diskutieren, ob die fehlende Angabe der Registereintragung bei Idealvereinen die wettbewerbsrechtliche Abmahnkeule rechtfertigt. Welche alternativen „Mittel des Vereinsrechts“ dem seiner zulässigen wirtschaftlichen Nebenbetätigung nachgehenden Konkurrenzverein offenstehen sollen, lässt das Gericht jedoch offen. An justiziablen Mitteln mit Anspruchsqualität dürfte es wohl auch fehlen.
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